In diesem Modul fokussieren wir uns auf Gruppendynamiken, also das Zusammenwirken einzelner Personen in einer Gruppe, die ein gemeinsames Ziel verfolgt. Dabei schauen wir uns gruppenspezifische Verhaltensweisen an.
Um als Multiplikator*in in deiner oder in anderen Gruppen aktiv zu sein, hilft es, einen Einblick zu bekommen, was sich “hinter den Kulissen” abspielt. Ähnlich wie die Umweltschutzpsychologie dir helfen kann, die Beweggründe und Einflussfaktoren für umweltschützendes Verhalten zu verstehen, wirst du in diesem Modul Gruppen näher anschauen.
Am Anfang des Kurses ging es darum, was du in deinem Hochschulumfeld tun oder ausprobieren möchtest.
Du kannst in verschiedenen Rollen aktiv sein, z.B. als Moderator*in, Gruppenleiter*in, Visualisierer*in, Referent*in, Motivator*in, Mediator*in, Ideengeber*in oder Streitschlichter*in..
Mit diesen Rollen gehen verschiedene Wahrnehmungen einher – einmal wie du andere um dich herum wahrnimmst, und auch, wie sie dich in deiner Position wahrnehmen. Dabei hilft es zu wissen, wovon Individuen beeinflusst werden und was dadurch in einer Gruppe passiert.
Wir starten diese Einheit bei uns selbst, bei unseren eigenen Bedürfnissen und Präferenzen in der Zusammenarbeit mit anderen Menschen. Denn wir alle haben Präferenzen, wie wir Beziehungen zu anderen Menschen gestalten wollen.
Anschließend schauen wir uns ein Modell zum besseren Verständnis von Gruppendynamiken an und kommen in die Reflexion darüber, wie diese beeinflusst werden können.
Du kannst dir während des ganzen Moduls gerne Notizen machen, falls dich bestimmte Impulsfragen ansprechen. Aber es sind auch genügend explizite Reflexionsaufgaben mit dabeu.
Jeder Mensch hat Bedürfnisse, die sich unterschiedlich kategorisieren lassen.
Abraham Maslow hat dazu in den 1950er Jahren ein Modell dazu entworfen. Er hat den Menschen ausgehend von seinen Bedürfnissen betrachtet und die Theorie aufgestellt, dass wir bestimmte Bedürfnisse erst befriedigen müssen, um uns anderen widmen zu können. Erst durch diese Abfolge können wir zur individuellen Selbstverwirklichung kommen:
Wenn wir uns also ins Engagement begeben, dann sind in der Regel unsere Grundbedürfnisse bereits erfüllt und wir bewegen uns eher auf höhreren Ebenen. Mehr zur Bedürfnispyramide und den Kategorien kannst du hier nachlesen.
Welchem Bedürfnis oder Bedürfnissen gehst du mit deinem Engagement in der Gruppe nach?
Auch Persönlichkeit spielt eine wichtige Rolle. Jede*r von uns bringt eine eigene Persönlichkeit mit, die aus komplexen Elementen besteht und über unser Leben hinweg stetig geformt wird.
Es gibt einige psychologische Modelle und Tests dazu, wie z.B. das weit verbreitete Fünf-Faktoren-Modell (auch Big 5-Modell genannt) was aus den Überlegungen von Costa und McCrae entstanden ist. Darin werden die Hauptdimensionen von menschlicher Persönlichkeit verschiedenen Skalen zugeordnet.
Diese Dimensionen sind Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus und sie sind bei jedem Menschen unterschiedlich ausgeprägt. Mehr dazu kannst du hier nachlesen.
Da Persönlichkeiten sehr individuell sind, unterscheiden sich Menschen innerhalb dieser Dimensionen. Das bedeutet, dass sie in ihrem Umgang miteinander und in ihren Handlungspräferenzen anders “ticken”.
Hier im Kurs vertreten wir vor allem in Bezug auf Nachhaltigkeit bestimmte Werte, die wir versuchen, in unserem Umgang miteinander und mit dem Thema zu leben.
Der Begriff Werte umfasst unsere Vorstellungen rund um Eigenschaften oder Qualitäten, die wir als erstrebenswert sehen und die unsere Art zu Leben beeinflussen. Zu wissen, welche Werte du vertrittst und wie du nach ihnen handeln möchtest, kann viel Klarheit schaffen.
Wir können diese kategorisieren in moralische, politische, materielle und ästhetische Werte. Ein paar Beispiele sind: Gerechtigkeit, Intuition, Effizienz, Vertrauen, Zuneigung, Authentizität, Bescheidenheit oder Ordnung.
Sie beeinflussen auch unsere Haltung, also unsere Einstellung gegenüber uns, anderen Menschen und der Welt, welche auch unser Handeln beeinflusst.
Welche deiner Werte verbindest du mit deinem Engagement für Nachhaltigkeit?
Der vorherige Punkt wird auch maßgeblich von unserer Sozialisation, also dem Lernprozess in dem wir heranwachsen und der Gesellschaft, in der wir leben, beeinflusst.
Das passiert in der Interaktion mit unserer Umwelt. Indem wir das kontinuierlich tun, erlernen wir die Normen und Werte der Gesellschaft und Kultur. Dieser Prozess ist niemals abgeschlossen und prägt unsere Verhaltensweisen.
Hast du schonmal darüber nachgedacht, wie deine Familie, deine Freunde, dein soziales Umfeld auch deinen Bezug zu Nachhaltigkeit geprägt haben?
Neben unserer Sozialisation sammeln wir im Laufe unseres Lebens auch Wissen und Erfahrungen. Alle Menschen, selbst wenn sie die gleichen Erlebnisse haben, nehmen daraus unterschiedliche Erfahrungen mit und auch ihre Fähigkeiten werden sich anders entwickeln.
Zwei Personen, die z.B. dasselbe studieren und das gleiche Interessensgebiet haben, werden trotzdem unterschiedlich ausgeprägte Fähigkeiten aus ihrem Studium mitnehmen, was wiederrum auch mit der Persönlichkeit und dem Lerntyp zusammenhängt.
Eine Person kann künstlerisch veranlagt sein, die andere eher analytisch. Einem kann es leicht fallen, Programmiersprachen zu lernen, der anderen nicht. Eine kann einen Vortrag als inspirierend wahrnehmen, die andere als langwierig.
Stichtwort Lerntyp: Alle Menschen können unterschiedliche Lerntypen sein. Wir verarbeiten Informationen auf bestimmte Art und Weise und haben dementsprechend verschiedene Präferenzen dazu, wie wir lernen. Das in den 1970er Jahren entstandene 4-mat-System nach Bernice McCarthy unterscheidet zwischen vier Typen:
Auch diese Typen können in Einzelpersonen unterschiedlich stark ausgeprägt sein, aber sie beeinflussen maßgeblich, wie wir lernen, arbeiten und uns auch engagieren. Dazu kommt die Ebene, die dir sicherlich schon bekannt ist: Die Präferenz für visuelles, auditives, haptisches oder kommunikatives Lernen, oder auch eine Kombination daraus.
Welcher Lerntyp wir sind, hängt stark damit zusammen, wie wir uns auch in einer Gruppe engagieren und welche Art von Aktivitäten und Austausch wir darin suchen. Damit geht auch einher, ob man eher abstrakt oder konkret denkt und dadurch auch eigene Methoden für die Herangehensweise an Probleme entwickelt.
Als was für einen Lerntyp würdest du dich am ehesten einordnen? Hast du schon einmal darüber nachgedacht, wie dies sich auf deine Form des Engagements auswirkt?
Jede*r von uns hat unterschiedliche Motivationsfaktoren, warum wir etwas tun. Das hängt stark mit unseren Erfahrungen zusammen und auch damit, ob wir eher intrinsisch oder extrinsisch motiviert sind.
Nach Deci und Ryan (1985) liegt der Unterschied darin, dass extrinsische Motivation auf positiven oder negativen Anreizen beruht, die erst aus der Wirkung des eigenen Verhaltens heraus erwachsen, während intrinsische Motivation aus dem erlebten Verhalten selbst entspringt und somit das Handeln an sich motivierend wirkt.
Wenn du Lust hast, dich noch weiter in das Thema einzulesen, findest du hier einen kurzen Exkurs.
Welche Beispiele kennst du von dir, wo du intrinsisch und extrinsisch motiviert bist? An welcher Stelle in deinem Engagement brauchte es einen äußeren Mechanismus der ‘Belohnung’ oder ‘Bestrafung’ und was kam aus dir selbst heraus? Das hat sich sicherlich auch im Laufe der Zeit verändert.
Zum Schluss wollen wir noch Ziele ansprechen. Grundsätzlich ist ein Ziel ein Anliegen oder eine Bestrebung, welche Menschen in die Realität übersetzen wollen. Wir verfolgen Ziele, weil wir das Gefühl haben, dass sie zu unserem Wohlbefinden beitragen.
Wir können uns hier eigenständig interne Ziele setzen oder uns werden externe Ziele vorgegeben. Wir können aber auch eine kooperative Zielsetzung mit mehren Personen erarbeiten.
In diesem Kurs ist dein Ziel vielleicht, dich zum Thema Nachhaltigkeit weiterzubilden, weitere engagierte Personen kennenzulernen oder ein konkretes Projekt auszuarbeiten.
Zwischen den Zielen können auch Konflikte entstehen, z.B. zwischen dem Ziel nachhaltig einzukaufen und wenig Geld ausgeben zu wollen. Solche Konflikte können genauso in Gruppen mit gemeinsamen Zielen auftreten. Mehr zu den psychologischen Hintergründen kannst du hier nachlesen.
Wenn du an deine Ziele für den Kurs zurückdenkst, wie würdest du diese einordnen? Intern, extern oder kooperativ?
Damit haben wir jetzt einige Fässer aufgemacht, in die du gerne tiefer einsteigen kannst – aber nicht musst. Wichtig ist es, die Komplexität von Individuen zu verstehen und damit zu reflektieren, was Personen auch alles mit in eine Gruppe tragen.
Eigene Bedürfnisse, Persönlichkeit, Werte, soziale Hintergründe, Motivation und Zielvorstellungen lassen sich nicht immer leicht in Einklang bringen. Umso spannender wird es, wenn mehrere Personen diese Faktoren auf Gruppenebene zusammenbringen.
Sie sind eine Bereicherung für die Zusammenarbeit aber können auch Schwierigkeiten für die Gruppendynamik darstellen.
Nimm dir einen neuen Zettel zur Hand. Die nächsten 15 Min werden wir uns dem Journaling widmen – einer Form des angeleiteten schriftlichen Reflektierens anhand von Impulsfragen. Höre dir dafür die leitenden Fragen in der Tonspur an.
Schreibe während des Hörens einfach los, ohne den Stift abzusetzen, solange bis die nächste Frage kommt. Bringe deine Gedanken direkt zu Papier, egal ob sie gut ausformuliert oder zu Ende gedacht sind.