Jetzt zoomen wir näher an die Hochschule heran und beschäftigen uns mit ihren inneren Strukturen.
Die Hochschule ist eine Institution, die von Machtverhältnissen ihrer Mitglieder und auch deren Wertevorstellungen geprägt ist. Das zeigt sich auch in dem Aufbau der Hochschule und in der Art und Weise, wie von wem Entscheidungen darin getroffen werden.
Der Großteil der Hochschulen ist ähnlich strukturiert und in diesen Strukturen tummeln sich verschiedene Statusgruppen, die miteinander in Verbindung stehen. Die Hochschulpolitik ist dafür da, Entscheidungsprozesse dieser Statusgruppen (mit) zu steuern und sie an der Gestaltung der Hochschule zu beteiligen.
Wir fangen mit der Statusgruppe der Studierenden an. Innerhalb der Hochschulpolitik gibt es Studierendenvertretungen: Gewählte Vertreter*innen von den Studierenden an einer Hochschule.
Die Strukturen, in denen sie agieren, sind denen der Bundespolitik gar nicht mal so unähnlich – und sie verwenden auch gerne Kürzel, um sich nach Außen darzustellen. Dazu zählen das StuPa und der AStA.
Das Studierendenparlament (wie ein Bundestag) oder StuPa ist die Legislative und wählt den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA).
Der AStA (wie eine Bundesregierung) ist die Exekutive, sprich das durchführende Organ, aber kann auch Beschlüsse treffen.
Es gibt AStA-Referate für verschiedene Themenbereiche (wie Bundesministerien) wie Politik, Finanzen, Soziales, Mobilität, Ökologie...
Der AStA-Vorsitz (wie ein*e Bundeskanzler*in) hat eine Steuerungsfunktion für den AStA und die Referate.
In diesen Schaubildern findest du zwei unterschiedliche Strukturen/Organigramme der Studierendenvertretung, die im nächsten Abschnitt näher erklärt werden. Die Organigramme kommen von der Universität Heidelberg und sind ein Beispiel für eine Mischform der Studierendenvertretung.
Klicke sie an, um sie im Detail zu sehen.
Im AStA sitzen deine Ansprechpartner*innen für alles rund um die Hochschule! Du kannst mit verschiedenen Belangen auf sie zugehen.
Die studentischen Vertreter*innen im AStA bündeln Ressourcen und Wissen und haben direkteren Zugang zu den oberen Ebenen der Hochschulstruktur.
Du planst eine Veranstaltung mit deiner Initiative und suchst Hilfestellungen für die Raumbuchung? Du brauchst finanzielle Hilfe, um ein Projekt am Campus auf die Beine zu stellen? Du möchtest Nachhaltigkeit im Hochschulsenat auf die Agenda setzen? Dann bist du beim AStA richtig.
Dann gibt es die Fachschaften und ihre Vertreter*innen, mit denen du sicherlich schon zu tun hattest. Sie sind deine Ansprechparter*innen für die Sachen, die dein Studium betreffen.
Sie sind eher fachlich orientert und vertreten deine Interessen als Studierende*r innerhalb deines Lehrstuhls, Instituts und Fachbereichs z.B. in Gremien und bei Fakultäts- und Hochschulangelegenheiten.
Neben dem AStA und den Fachschaften stellen Vollversammlungen das höchste Gremium einer Studierendenschaft dar. Sie ist keine feste Struktur oder Einheit aber kann einberufen werden. Ab einer gewissen Anzahl ist eine Vollversammlung auch beschlussfähig. Dies ist aber nur in den seltensten Fällen an größeren Hochschulen der Fall.
Sie sind eher symbolisch und ihre Einberufung kann zu bestimmten Anlässen eine öffentlichkeitswirksame Botschaft senden.
Kommen wir noch einmal zurück zum Studierendenparlament. Wir sprechen vom StuPa, dies gibt es aber eher in den alten Bundesländern. Der Begriff Studierendenrat, also StuRa, wird dir in den neuen Bundesländern häufiger begegnen. Egal wie sie heißen, sie haben zwei Dinge gemeinsam:
Finanzautonomie: Die Studierendenschaften verwalten ihr Geld selbst.
Beitragsautonomie: Die Studierendenschaften entscheiden über die Höhe der Beiträge – meistens zwischen 5 und 25 Euro.
Schau doch mal auf deinen Semesterbeitrag und wie er sich zusammensetzt (Spoiler: Ein Teil davon geht in der Regel an den AStA.)
Ein kleiner aber feiner Unterschied: Studierendenparliamente setzten sich aus Vertreter*innen von hochschulpolitischen Listen zusammen, Studierendenräte dagegen besetzen ihre Vertreter*innen aus den Fachschaften.
Es gibt aber auch Mischformen von beiden, z.B. in Baden-Würtemberg.
Nimm dir ca. 15 Min Zeit und schaue dir die Webseiten des StuRa Leipzig, des StuRa und AStA Freiburg und des Stupa und AStA Duisburg-Essen an. Notiere dir auf deinem Zettel, was dir an den verschiedenen Modellen auffällt. Orientiere dich dabei an diesen Fragen:
Was sind Besonderheiten, was fehlt mancherorts, welche Themen werden behandelt, welche Veranstaltungen finden statt?
Wo könnten Studierende in den jeweiligen Modellen für Nachhaltigkeitsbelange Ansprechpartner*innen finden?
Kannst du aus diesen Modellen etwas an deiner Hochschule finden oder übertragen?
Damit haben wir uns den Kern der Sache angeschaut. Jetzt geht es wieder in die Vogelperspektive und wir blicken auf Akteur*innen rund um die verfasste Studierendenschaft.
Ob sie dir als abstrakte Figur oder schon „live“ begegnet sind, an dieser Stelle hörst du mehr dazu, was diese Personen tun.
Im Rektorat gibt es eine*n Rektor*in oder Präsident*in. Mit dieser Person hat deine Studierendenvertretung direkt zu tun. Sie sitzt auf der obersten Steuerungsebene.
Ein*e Kanzler*in ist auch mit von der Partie und übernimmt im Rektorat die Leitung der Hochschulverwaltung.
Die Prorektor*innen oder Vizepräsident*innen ergänzen das Rektorat. Sie haben eigene Schwerpunkte, z.B. Studium und Lehre, Forschung, Diversity oder Nachhaltigkeit.
Diese Strukturen sind voller wichtiger Entscheidungsträger*innen und nicht überall ist die studentische Stimme mit vertreten oder hat das gleiche Gewicht wie die anderen Entscheider*innen. Das heißt, an verschiedenen Stellen gibt es unterschiedlich große Hürden.
Trotzdem ist es wichtig sie zu kennen und auch zu wissen, wer euch als Studierende repräsentiert.
Im besten Fall gibt es auch studentische Prorektor*innen, so hat deine Studierendenvertretung einen direkten Draht in die Leitungsebene.
Der Senat ist ein Gremium was nach bestimmten Mehrheiten gewählt wird und wo alle Statusgruppen der Hochschule vertreten sind: Professor*innen, wiss. Mitarbeiter*innen, Mitarbeiter*innen aus Technik und Verwaltung und stud. Mitarbeiter*innen.
Innerhalb des Senats befinden sich Kommissionen, z.B. zur Qualitätsverbesserung in Studium und Lehre, Weiterbildung und Forschung, Wissenstransfer, Diversity Management oder Gleichstellung.
…
Dieser Rat ist mind. zur Hälfte mit hochschulexternen Personen besetzt, meistens Berater*innen aus Wirtschaft und Gesellschaft. Er ist für die Wahl der Rektoratmitglieder mit zuständig und erfüllt eine strategische Funktion für die Entwicklung der Hochschule. Er hat die Aufsicht über das operative Geschäft der Hochschulleitung und kann Impulse geben. Dazu gehört die Abnahme des Hochschulentwicklungsplans oder die Erteilung der Zustimmung zum Wirtschaftsplan.
Die sich wiederrum in Institute mit eigenen Lehrstühlen gliedern. Hier werden verwandte Wissenschhaften unter einem Dach verwaltet und stellen somit eine Lehreinheit innerhalb der Hochschule dar. Als Studierender bist du durch deine Fachwahl Teil einer bestimmten Fakultät.
Drumherum gibt die Dezernate für z.B. Personalangelegenheiten, Prüfungsangelegenheiten oder Finanzcontrolling. Daneben existieren die zentralen Betriebseinheiten, dazu gehören z.B. Bibliotheken oder der Hochschulsport.
Sie vertreten die wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen gegenüber dem*r Rektor*in bzw. die Verwaltungsangestellten gegenüber dem*r Kanzler*in. Sie geben diesen Akteur*innen eine Stimme bei internen Dienstentscheidungen.
Wenn du die Struktur noch nicht ganz fassen kannst – das Ganze Konstrukt der Hochschule kann auch als zentrale und dezentrale Struktur gedacht werden, mit einer studentischen Ebene und einer für alle Statusgruppen.
Hier sind Senat und Rektorat auf Ebene aller Statusgruppen aktiv, sowie StuPa und AStA für die studentische Ebene.
In den einzelnen Zuständigkeitsbereichen sind Prorektor*innen, AStA-Referent*innen usw. für bestimmte Dinge verantwortlich.
Hier verteten der Fakultätsrat und das Dekanat alle Statusgruppen in den einzelnen Fakultäten. Die Fachschaft vertritt analog dazu die studentische Ebene.
Auch hier gibt es Prodekan*innen und Dezernenten für einzelne Zuständigkeitsbereiche.
Jetzt kennst du einige Akteur*innen von studentischer Seite und aus den Verwaltungs- und Leitungsstrukturen. Du hast einen ersten Eindruck davon bekommen, was sie an der Hochschule tun.
Nun geht es in die Tiefe: Welche Verbindungen existieren zwischen den Akteur*innen, was für Ebenen gibt es und wer gehört zusammen? Stift zücken, Recherchebrille aufsetzen – du darfst dich deiner eigenen Hochschulstruktur widmen!
Nimm dir 10 Min Zeit und male aus deiner Intuition heraus ein Organigramm mit den Strukturen deiner Hochschule auf – so wie du sie kennst oder vermutest. Stelle dabei Verbindungen zwischen den Akteur*innen her. Du kannst z.B. auch Papierschnipsel nehmen, damit du alles nochmal verschieben kannst.
Anschließend kannst du auf der Webseite deiner Hochschule das offizielle Organigramm raussuchen. Was ist dort vorhanden, woran du eben nicht gedacht hast? Wie stehen die Akteur*innen miteinander in Kontakt? Ergänze deine Zeichnung mit diesen Informationen.
Markiere z.B. mit verschiedenen Farben auf deinem Organigramm, wo die Entscheidungsmacht in diesen Strukturen liegt. Wer hält die Fäden in der Hand und wo gibt es die größten Barrieren für studentische Mitbestimmung?