Wissenschaftsstrukturen verstehen

Es wird (Hochschul)politisch!

Strukturen bilden sich ständig weiter, fügen sich neu zusammen oder müssen aufrecht erhalten werden. Wenn wir auf die letzten paar Jahrhunderte zurückschauen, hat die Hochschule nicht immer so funktioniert, wie sie es heute tut.

Du musst dich nicht intensiv mit der Geschichte von Hochschulen und Universitäten auseinandergesetzt haben, um hier direkt in eine Diskussion einzusteigen. Als Studierende spielen wir täglich eine Rolle an unserer eigenen Hochschule – aber welche Rolle nimmt die Hochschule eigentlich in ihrem Umfeld ein?

Schritt 1

Nimm dir 10 Min Zeit um dir zu folgenden Fragen Gedanken zu machen. Notiere deine Antworten auf deinem Zettel und poste sie anschließend als Foto oder Stichpunkte in der Diskussion.

Welche Funktion erfüllt die Hochschule heute in unserer Gesellschaft?

Welches Wissensbild haben wir durch die historisch gewachsene Wahrnehmung der Hochschule als „Elfenbeinturm“?

Welche Erwartungen haben Individuen und Gesellschaft an Hochschulen?

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Unsere Wahrnehmung von Hochschulen hat natürlich auch viel damit zu tun, wie wir auf die Wissenschaft insgesamt und auf Wissenschaftler*innen schauen. Auch wenn Medienformate wie z.B. The Big Bang Theory ein bestimmtes (überspitztes) Bild zeichnen, sieht die Realität doch ein wenig anders aus.

Werfen wir doch kurz einen Blick darauf, was Wissenschaft ausmacht und warum es wichtig ist, auch eine kritische Haltung zu ihrer Ausübung einzunehmen.

Felix Büsching spricht in seinem Science Slam einige zentrale Punkte der Wissenschaft an. Vor allem zitiert er an den relevanten Stellen Katzen.

 

Ganz vereinfacht gesagt beschäftigt sich Wissenschaft mit Erkenntnisgewinn und mit Wissensvermittlung durch gewisse anerkannte Methoden – also mit Forschung und Lehre.

Sie schafft zwar keine universelle Wahrheit oder allgemeingültige objektive Erklärung für die Welt um uns herum, doch durch ihren systematischen Zugang kann die Wissenschaft Überlegungen anstoßen, Paradigmen entwickeln, sie in Frage stellen und prüfbare Informationen über Forschungsgegenstände zur Verfügung stellen.

In Deutschland und einigen anderen Ländern ist die Wissenschaftsfreiheit (also die Freiheit von Forschung, Lehre und Lernen) sogar ein Grundrecht in der Verfassung. Das ist vor allem deshalb interessant, weil Wissenschaftler*innen meist innerhalb eines Wissenschaftssystems agieren, welches den Rahmen für Forschung und Lehre bietet. Darin finden sich die Insitutionen, also Universitäten und Hochschulen.

 

Natürlich hat sich das System über die Jahrhunderte weiterentwickelt, verändert und differenziert. Schließllich ist es auch gesellschaftlich eingebettet und wird von äußeren Umständen mitbestimmt und legitimiert.

Nehmen wir z.B. das aktuelle Verhältnis von Wissenschaft und Wirtschaft. Kritiker*innen haben u.a. im Zuge der Bologna-Reform auf eine zunehmende Ökonomisierung des Wissenschaftssystems hingewiesen, also einer wachsende Verwertungs- und Profitorientierung der Hochschulen.

Dadurch wird die wissenschaftliche Freiheit durch Wetterbewerbslogiken eingeengt. Nun stellt sich die Frage – was machen neoliberale Hochschulreformen mit den Institutionen, die den Rahmen für freie Forschung und Lehre bieten sollen?

Drittmittel einwerben, Regelstudienzeiten einhalten, Exzellenztitel eintüten, im Hochschulranking auftauchen …. wenn Hochschulen immer stärker wie Unternehmen funktionieren (müssen) und sich dadurch mit anderen Hochschulen in den Wettbewerb begeben, wie beeinflusst das ihre Funktion und Gesellschaftsrolle?

Schritt 2

Jetzt geht es um deine Einschätzung: Auf dem Whiteboard findest du ein paar Schlagwörter zum Wissenschaftssystem und der Institution Hochschule.

Clustere die vorhandenen Begriffe in das jeweilige Feld, wo du sie am ehesten verorten würdest. Wenn sie in beide Felder passt, kopiere sie einfach. Dann nimm dir 3 leere Karten und schreibe Begriffe auf, die du in diese Diskussion einbringen möchtest.

Dann kannst du mit einem Textfeld kommentieren, warum du bestimmte Begriffe in Bezug auf nachhaltige Hochschulentwicklung problematisch findest.

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Der kapitalismuskritische Zugang zu dem Thema, wie wir ihn hier kurz angeschnitten haben, ist nur eine mögliche Perspektive auf die Hochschule als Institution im Wissenschaftssystems. Auch feministische oder postkoloniale Sichtweisen auf die Hochschule können dir helfen, gewisse Abhängigkeiten und historisch gewachsene Strukturen zu erkennen und zu hinterfragen.

Praxistipp: An einigen Hochschulen finden am Anfang eines Semesters kritische Orientierungs- oder Erstsemesterwochen an statt, die öffentliche Veranstaltungen zu ähnlichen Themen anbieten. Halte danach Ausschau oder Frage doch mal bei deiner Studierendenvertretung, ob es dazu Angebote gibt.

Nun ist das Stichwort Studierendenvertretung schon gefallen.

Als Studierende sind wir Teil des Hochschulsystems und haben damit auch einen gewissen Einfluss. Diesen können und sollten wir nutzen, um Nachhaltigkeitsbestreben voranzubringen.

Darum geht es auf den folgenden Seiten verstärkt um die Strukturen der Hochschule und die Fragen: Was sind Studierendenvertretungen? Wie funktionieren sie? Wie sind Hochschulstrukturen aufgebaut und wie können wir darin Nachhaltigkeit voranbringen?